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molol19 und der Satz des Pythagoras als Erfolgsgarant

Gleich geht’s los. Im Audimax der Uni Oldenburg.

Oldenburg (das in Niedersachsen, nicht das in Holstein) liegt nord-westlich von Bremen und hat sich durch die Fachtagung „Mobiles Lernen“ (#molol) an der Universität Oldenburg in den letzten Jahren zu einem Mekka der Digitalisierung von Lernen und Lehren entwickelt. In diesem Jahr war ich als einer von 120 Referenten eingeladen, dort einen (bzw. zwei) Workshops abzuhalten, weshalb ich am frühen Morgen des 9. März in Passau aufbrach, um nach ca. 9 Stunden Zugfahrt in Oldenburg anzukommen.

Auch viele andere der ca. 900 Teilnehmer reisten schon vor dem eigentlichen Beginn der Veranstaltung am Montag an, weshalb sie am Sonntagnachmittag mit einem „pre-conference event“, Oldenburg (das in Niedersachsen, nicht das in Holstein) liegt nord-westlich von Bremen und hat sich durch die Fachtagung „Mobiles Lernen“ (#molol) an der Universität Oldenburg in den letzten Jahren zu einem Mekka der Digitalisierung von Lernen und Lehren entwickelt. In diesem Jahr war ich als einer von 120 Referenten eingeladen, dort einen (bzw. zwei) Workshops abzuhalten, weshalb ich am frühen Morgen des 9. März in Passau aufbrach, um nach ca. 9 Stunden Zugfahrt in Oldenburg anzukommen.

Auch viele andere der ca. 900 Teilnehmer reisten schon vor dem eigentlichen Beginn der Veranstaltung am Montag an, weshalb sie am Sonntagnachmittag mit einem „pre-conference event“, der in Niedersachsen traditionellen Kohltour (feucht-fröhlicher Spaziergang) begann, über traditionelles Abendessen mit Kohl und Pinkel führte und am späten Abend nach der Krönung von Kohl-Königin und Kohl-König endete.

Die Keynote am Montag hielt der Wirtschaftshistoriker Prof. Klemens Skibicki von der Cologne Business School. Sein Thema war der Digitale Strukturwandel. Er sagte: „Menschen tun heute das, was sie schon immer getan hätten, wenn sie die Möglichkeiten dazu gehabt hätten.“ So hätten sie auch schon früher von unterwegs telefoniert, statt das Festnetztelefon daheim zu nutzen. Sie hätten Streitfragen wie z. B. „In welchem Monat wurde JFK erschossen?“ sofort an Ort und Stelle beantworten können. Als Beleg führte er u. a. Vincent van Gogh an, der ca. 35 Selbstbildnisse gemalt hatte. „Das sind die Selfies von damals.“ Und viele Künstler malten damals auch Essen. „Heute fotografiert man sein Essen. Wo ist der Unterschied? Es geht heute halt einfacher!“ Nochmals: „Menschen tun heute das, was sie schon immer getan hätten, wenn sie die Möglichkeiten dazu gehabt hätten.“

Das Wissen, das heute in den Schulen vermittelt wird, ist für Prof. Skibicki großteils nicht mehr relevant. So erzählte er eine Anekdote, in der sein Vater ihm vor einigen Jahren vorgeworfen hatte: „Du kannst ja heute gar nicht mehr mit einer Straßenkarte umgehen. Ohne die Hilfe eines Navis kommst Du nicht mal mehr ans andere Ende der Stadt!“. Prof. Skibicki entgegnete ihm: „Stimmt! Und ich kann im Vergleich zu Menschen früherer Zeiten mit Hilfe von zwei Steinen auch kein Feuer mehr machen! Aber Du auch nicht. Wo ist das Problem?!“ Der sichere Umgang mit Straßenkarten und das Feuermachen mit zwei Steinen waren zu bestimmten Zeiten enorm wichtige Fähigkeiten, die das (Über-)Leben erleichterten bzw. ermöglichten. Heute verfügt der Mensch über ein immenses Spektrum an Werkzeugen (auch digitaler Art), die manche Fähigkeiten des Menschen schlicht und ergreifend unnötig machen.

Aber – so Prof. Skibicki – Lehrer tun sich damit schwer. Sie übernehmen die Erfahrungen ihrer eigenen Schulzeit mit den damaligen Möglichkeiten und das, was sie während ihres Studiums und ihrer Lehrerausbildung gelernt haben und betrachten diese Lebens- und Arbeitswelt als „normal“, als den anzustrebenden oder beizubehaltenden Standard. Dass diese Welt nicht mehr die der Schüler ist und sein kann, verstehen manche Lehrer nicht. Und diese Umstellung fällt ihnen schwer, weil sie vorhandene Denkmuster und Überzeugungen aufgeben werden müssen. „Das führt zwangsläufig zu Problemen“. Dies illustrierte Prof. Skibicki mit drei Zitaten von Douglas Adams, denen er die aktuelle Bevölkerungsstatistik Deutschlands gegenüberstellte (siehe Foto, aufgenommen von @DejanFreiburg, gepostet auf Twitter).

Die Keynote am Dienstag hielten Daniel Zacharias und Jan Micha Kroll, die erst vor wenigen Jahren Abitur gemacht hatten. Wegen eigener schlechter Erfahrungen und Frustrationen mit dem Informations- und Kommunikationsfluss an ihrer Schule hatten sie die Idee, eine App zu programmieren, die diesen Austausch verbessern soll. Ihr Unternehmen (Motto: „Machen ist Macht!“) ist im Frühjahr 2018 gegründet worden und beschäftigt mittlerweile ca. 25 Vollzeitangestellte.

Jan Micha Kroll beschrieb seine Wandlung vom Problemschüler, der wegen zahlreicher Fünfer sitzenblieb und mehrere Verweise erhalten hatte, hin zum Einser-Schüler, in dessen Zeugnisbemerkungen nur Positives zu lesen war. (Sowohl die Noten als auch die Bemerkungen wurden uns gezeigt!). „Vielleicht fragen Sie sich: Was war da in nur drei Jahren mit mir geschehen? Ich will es verraten: Es war der Satz des Pythagoras! Ich hatte ihn endlich verstanden und damit hat bei mir auch in anderen Fächern Klick gemacht und ab da war alles einfach!“.

Offenbar müssen einige der anwesenden ca. 900 Lehrer ziemlich verdutzt geschaut haben, denn der junge Mann lachte und sagte: „Vergessen Sie’s. Der Satz des Pythagoras war es natürlich nicht. Wie auch??? Es war vielmehr ein ganz bestimmtes Buch (er nannte uns den Titel), in dem ich so viel Weisheit fand, dass es mich förmlich umgedreht hat. Und ich frage mich: Warum wird nicht dieses Buch mal im Deutschunterricht gelesen?!“ Er versprach: „Wenn Sie dieses Buch im Unterricht behandeln, dann komme ich vorbei und rede mit Ihren Schülern!“

Während des Vortrags der Jungunternehmer wurde auch das Publikum stark eingebunden. Die anwesenden Lehrer hatten folgende Aufgabe erhalten: „Überlegen Sie sich Fragen, die Sie uns beiden stellen, damit wir prüfen können, ob wir mit unserem Unternehmen auf dem richtigen Weg sind.“

Zunächst hatten sich die Lehrer die Fragen gemeinsam mit ihren Sitznachbarn zu überlegen – anschließend wurden sie im Plenum vorgetragen: „Kennen Sie die Bedürfnisse Ihrer Kunden?“ „Verdienen Sie genug?“ „Was sind Ihre Kunden für Ihr Produkt zu zahlen bereit?“ „Wie sieht Ihr Büro aus?“ „Worin unterscheidet sich Ihr Produkt von dem der Wettbewerber?“ „Welches Alleinstellungsmerkmal hat Ihr Produkt?“ „Ist Ihr Produkt einfach genug, damit es auch Lehrer verstehen?“

Einer der beiden Unternehmensgründer schrieb diese Fragen mit. Nachdem ca. 10 dieser Fragen gestellt wurden, kam die Enthüllung: „Nicht nur wir sind Unternehmer; auch Sie sind es. Als Lehrer sind Sie Geschäftsführer Ihrer Klasse und Sie haben sich folgende Fragen zu stellen: Kennen Sie die Bedürfnisse Ihrer Schüler? Sind Sie Ihr Geld wert? Was sind oder wären Ihre Schüler für Ihren Unterricht zu zahlen bereit? Worin unterscheidet sich Ihr Unterricht von dem der anderen Lehrkräfte? Was macht Ihren Unterricht einmalig? Ist Ihr Unterricht einfach genug?“

Ich muss gestehen, dass ich von diesem Perspektivenwechsel überrascht war und mir diese Fragen bestimmt zu selten gestellt hatte.

Am Montagnachmittag übernahm ich spontan den Workshop eines erkrankten Kollegen aus Nordrhein-Westfalen zum Thema „Interaktive Tools im Unterricht“. Darin stellte ich unter anderem Learning Apps, Classroomscreen, Padlet und Etherpads vor und referierte über die Einsatzmöglichkeiten dieser Tools im Unterricht sowie die Hindernisse und Probleme bei der Arbeit mit diesen Werkzeugen.

Das Thema meines Workshops am Dienstagvormittag lautete „Interaktive Lernszenarien mit H5P“. Mit Hilfe dieser Seite, deren Funktionen übrigens auch in mebis eingebunden sind, kann man unter anderem interaktive Videos erstellen, wobei hier nicht erst das Video zu produzieren ist. In ein bereits vorhandenes Video (aus der mebis-Mediathek oder aus YouTube) werden Interaktionen wie z. B. Multiple Choice-Fragen eingebaut.

Neben den sehr informativen Workshops und Vorträgen stand auch die Vernetzung mit anderen Teilnehmern im Mittelpunkt der inspirierenden Tagung. So fand am Montagabend ein sog. „Rotating Dinner“ statt. Nach dem Zufallsprinzip wurden die ca. 250 Teilnehmer 6er-Tischen zugeordnet, und nach jedem Gang wurden die Sitzplätze gemäß Vorgabe gewechselt. Auf diese Art saß man während des gesamten Essens mit 15 anderen Teilnehmern zusammen, mit denen man unter „normalen Umständen“ nicht ins Gespräch gekommen wäre und konnte sich so fächer-, schulart und auch länderübergreifend unterhalten, wobei sich die Gespräche – zum Glück – nur zu Beginn um Schule drehten und anschließend in kleinerer Runde an der Hotelbar fortgesetzt wurden.

Während der zweitägigen Veranstaltung wurden u. a. Workshops, Vorträge (Talks) angeboten zu „Vom Video zum Lernvideo“, „Formatives Feedback und Assessment“, „Gamification / VR“, „Fremdsprachen mit dem iPad unterrichten“ und „Sketchnotes“.