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Pecha Kucha, Ausbildungsberufe und Studiengänge

Die Zeit läuft … aber nur 180 Sekunden.

Die fachpraktische Anleitung (fpA) soll den Schülern der elften Klasse der Fachoberschule Einblick in die berufliche Praxis geben. Dazu holen wir regelmäßig Praktiker in die Schule oder fahren zu Werksführungen, um dann die betriebliche Wirklichkeit mit der oft künstlichen Schulrealität vergleichen zu können. Anfang April 2018 zeigte eine Studie, dass ca. ein Viertel aller Auszubildenden ihre Ausbildung abbrechen. Die Ursachen dafür reichen von schlechter Bezahlung über Unzufriedenheit mit der Ausbildungsqualität bis hin zu falschen Vorstellungen über den Ausbildungsberuf. Schon vor Jahren legte uns die Beratungslehrkraft unserer Schule ans Herz, die Schüler bei der Studien- und Berufswahl zu unterstützen, indem wir ihnen in den Anleitungen Möglichkeiten an die Hand geben, mit denen sie ihre Stärken und Interessen herausfinden und sie sich über die dazu passenden Studiengänge und Ausbildungsberufe informieren können.

Aus diesen Gründen hatte ich beschlossen, die aktuelle fachpraktische Anleitung der W11c ihrer beruflichen Zukunft zu widmen: die Schüler sollten zu einem Ausbildungsberuf oder Studiengang ihrer Wahl recherchieren und dabei folgende Fragestellungen berücksichtigen: formale und persönliche Voraussetzungen, Ausbildungs- bzw. Studiendauer, Ausbildungsvergütung und Einstiegsgehalt, Aufgabengebiete und Einsatzbereiche sowie Zukunftsaussichten. Die gefundenen Informationen hielten die Schüler zunächst in einem Word-Dokument fest.

Anschließend sollten die Schüler zu ihren Berufen/Studiengängen Präsentationen erstellen, die sie dann, noch am selben Vormittag halten sollten. Um dem oft zitierten „Tod durch PowerPoint“ zu entkommen (in der Klassen sind schließlich 20 Schüler), stellte ich das aus dem Japanischen stammende Konzept Pecha Kucha vor: Bei dieser Vortragstechnik darf jeder Referent maximal 20 Folien (Bilder) einsetzen, die jeweils 20 Sekunden eingeblendet werden. Somit ist die Gesamtzeit von maximal 6:40 Minuten garantiert. (Pecha Kucha wird seit Jahren auch in Museen eingesetzt; zahlreiche Städte veranstalten regelmäßig Pecha-Kucha-Nächte).

In unserer fachpraktischen Anleitung schränkte ich weiter ein: Jeder Schüler darf maximal sechs Folien jeweils 30 Sekunden besprechen. Somit hat jeder Schüler maximal 3 Minuten Zeit, um die Mitschüler von seinem Ausbildungsberuf/Studiengang zu überzeugen. 20 Schüler sind damit in einer Stunde durch (plus jeweils ca. 1 Minute für den Wechsel des Referenten und der Präsentation).

Die Schüler hatten bei der Erstellung ihrer Präsentation also zu überlegen, welche Informationen sie unbedingt vermitteln wollten und hatten dann auch dafür Sorge zu tragen, dass sie jede Folie in maximal 30 Sekunden durchbekommen. Diese Pflicht zur Reduktion zwang sie, die Essenz herauszufiltern. Nachdem die Präsentationen (ohne Animationen!) fertig waren, probten die Schüler ihre Vorträge um abzuschätzen, wie sie mit dem Timing der einzelnen Folien klarkommen.

Dann begann der Pecha-Kucha-Vormittag: Jeder Schüler wurde über 19 andere Studiengänge und Ausbildungsberufe informiert. Wer seinen Vortrag gehalten hatte, steuerte am Lehrerrechner die Präsentation seines Nachfolgers, indem er alle 30 Sekunden zur nächsten Folie weitersprang – unabhängig davon, ob sie schon fertig besprochen war. In mehreren Fällen hätte man gerne mehr über das Thema erfahren, doch nach exakt 3 Minuten wurde der Vortragende durch den für ihn selbst nicht sichtbaren Timer unterbrochen.

Mein Fazit: Die Schüler haben allesamt sehr gut mitgearbeitet. Sie haben sich innerhalb von ca. 30 Minuten sehr gut in ihr Thema eingearbeitet und dann die wesentlichen Informationen auf den sechs Folien prägnant zusammengefasst. Die meisten Schüler hatten durch die wiederholten Probeläufe ein so gutes Zeitgefühl entwickelt, bzw. die Inhalte soweit reduziert oder ausgebaut, dass sie ziemlich genau auf die 3 Minuten kamen (es gab auch ein paar sekundengenaue Punktlandungen!). Für mich war es ein sehr beeindruckender Vormittag, da sich die Schüler bei der Erstellung ihren Präsentationen und den Vorträgen richtig Mühe gegeben hatten – und das ganz ohne Benotung der Ergebnisse.

Im Anschluss an den letzten Vortrag habe ich die Schüler um ihr Feedback zu diesem Vormittag gebeten: Mögliche Inhalte: Wie fanden Sie diesen Vormittag? Fiel es Ihnen leicht, sich in Ihren Beruf/Studiengang einzuarbeiten? Wie finden Sie die Vortragstechnik Pecha Kucha? Bereiteten die Zeitvorgaben (6 * 30 Sekunden) Ihnen Stress? Die Schüler schrieben ihr Feedback auf DINA4-Papier, das sie anschließend zu Papierfliegern gefaltet nach vorne Richtung Lehrerpult warfen. Die angekommenen Flieger wurden von mir aufgeklappt und (unzensiert) vorgelesen. Die Rückmeldung durch die Schüler freute mich, denn sie fiel überwiegend positiv aus und zeigte, dass auch die Schüler diesen Vormittag gewinnbringend empfanden.

Hier ein paar Zitate: „Pecha Kucha etwas stressig, aber insgesamt gut“, „ich gehe lieber tiefer ins Thema, ist aber gutes Training um sich kurz zu fassen“, „sehr gut, etwas schwierig, kurzweilig“, „ein wenig stressig, aber möglich, referieren war nicht schlimm“, „Methode ist gut für den Zuhörer, kann sich gut konzentrieren; der Präsentierende bekommt leicht Stress“, „Pecha Kucha ist gut, da man lernt, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Zuhören war angenehm, da es kurz gefasst wurde und nicht ins Unendliche gestreckt“, „gute Alternative zu normalen Referaten, teils langweilig“, „sehr guter Vormittag, Spaß gehabt, Kennenlernen von weiteren Ausbildungsberufen“, „Tag hat Spaß gemacht, viel über Berufe gelernt, Zeit ist schnell vergangen, gutes System“, „Pecha Kucha war eine tolle Erfahrung, toller Vormittag“, „hat Spaß gemacht, war schön, sich auf 3 Minuten zu beschränken, die Methode ist an andere Lehrer weiterzugeben“.