Nach den positiven Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern im vergangenen Schuljahr spendierte ich auch heuer diese Zutaten:
20 Spaghetti
1 Meter Klebeband
1 Meter Bindfaden
1 Schere (nur zum Schneiden)
1 Marshmallow
Jedes Team aus 4 Mitgliedern hat nun 18 Minuten Zeit, mit den genannten Hilfsmitteln einen freistehenden Turm zu bauen, auf dessen Spitze der Marshmallow prangt. Das Team mit dem höchsten Turm gewinnt – ganz einfach.
Wozu der Schabernack?
Auch zu Beginn des Schuljahres 19/20 habe ich in fast allen meiner Klassen solche Spaghetti-Türme bauen lassen; die Gruppen waren jeweils von mir nach dem Zufallsprinzip gebildet worden. Auch wenn nach Ablauf der 18 Minuten nicht mehr alle Türme standen, so hatten doch alle Schüler sehr viel Freude an der Veranstaltung. Aber Freude und Teambuilding waren selbstverständlich nicht die einzigen Ziele des Spiels. In der anschließenden Reflexionsphase überlegten wir dann gemeinsam, welche Eigenschaften und Fähigkeiten die Schüler während des Turmbaus eingesetzt hatten. Genannt wurden u. a. Geduld, Feinmotorik, Teamfähigkeit, Kommunikation, Frustrationstoleranz, Zusammenarbeit, Vertrauen.
Nicht erst seit dem Vortrag eines Wirtschaftsinformatikers (Bienen, Videos und Penetrationstests in Tramin – doch wo bleiben die Jobs?) und einem Zeitungsartikel über den Einsatz von Chatbots in Rechtsanwaltskanzleien (Der Chatbot in der Rechtsanwaltskanzlei) beschäftige ich mit der Frage, wie wir unsere Schüler fit für die Zukunft machen können, in der zunehmend auch akademische Berufe von Robotern und Computerprogrammen übernommen werden können. Dazu erschien am 16. September 2018 auch ein interessanter Artikel auf Spiegel Online (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/studie-weltwirtschaftsforum-maschinen-verrichten-bald-mehr-arbeit-als-menschen-a-1228108.html).
Welche Kenntnisse und Fähigkeiten müssen wir den Schülern also heute vermitteln, damit sie auch in zehn Jahren noch einen sicheren Beruf haben, der ihnen ein (gutes) Einkommen ermöglicht und ihnen Freude macht?
Eines von mehreren Modellen, das in diesem Zusammenhang diskutiert wird, ist das 4K-Modell des Lernens. Darin stehen die vier Ks für:
Kreativität
Kollaboration
Kommunikation
Kritisches Denken
Und genau diese vier Kompetenzen wurden während des Turmbaus verlangt und geschult.
Kreativität: Eine völlig neue, gar abstruse Problemstellung erfordert es, neue Wege zu denken.
Kollaboration: Innerhalb der Teams mussten die Schüler zusammenarbeiten, sich helfen und oft „Hand in Hand“ arbeiten.
Kommunikation: Die Schüler hatten ihre Ideen und Einwände mitzuteilen und zwar möglichst präzise und knapp – besonders, als der Spaghetti-Turm bereits wackelte.
Kritisches Denken: Sämtliche Ideen (die eigenen und die der Teamkollegen) mussten vor der Umsetzung einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Schließlich durfte nichts verschwendet werden: nicht die Spaghetti, nicht Faden oder Klebeband und natürlich nicht die Zeit.
Diese vier Ks können so schnell nicht von Computeralgorithmen übernommen werden und so sind sie es, die auch noch in Zukunft von Menschen eingebracht werden müssen. In diesen vier Ks liegt die Überlebenschance in der beruflichen Zukunft. Nachdem ich den Schülern das 4K-Modell vorgestellt hatte, diskutierten wir über die derzeitigen Entwicklungen in der Arbeitswelt, und einige Schüler schienen mir dabei recht betreten zu sein.
„In jeder Unterrichtsstunde sollten die vier Ks vermittelt werden!“ – so könnte die Forderung und der Anspruch lauten. Natürlich gelingt das nicht immer, aber allein schon sein eigenes und das Bewusstsein der Schüler auf diese vier Ks zu lenken, ist wertvoll.